Universität Bologna

Die erste freie Universität Europas

Ist von Bologna - einst wie jetzt - die Rede, so hört man nicht selten die Wendungen Bolognesi gran dottori (Bologneser - die großen Lehrmeister), oder Bologna la dotta (die Gelehrte) - Ausdruck für das Wesen dieser Stadt. Geisteswissenschaftler und Naturwissenschaftler, Mediziner und Juristen von Weltruhm folgten dem Ruf seiner Universität: Dante, Petrarca, Erasmus von Rotterdam, Kopernikus, Paracelsus und Carducci mögen als Beispiele für die Vergangenheit genannt sein, Umberto Eco für die Gegenwart.

Bis ins Jahr 1088 reicht der Beginn der Hochschule zurück. Zunächst fanden sich hier nur lose Verbände von dottori (Gelehrten) zusammen, die in ihren Wohnungen Unterricht erteilten und dann von den Studenten entlohnt wurden, woraus jedoch schnell Studienverbände wurden.

Die freiheitlichen Statuten der Hochschule unterstützte Friedrich Barbarossa, und sein Enkel, Friedrich II., rief, als er im 13. Jh. den ersten Beamtenstaat im Königreich beider Sizilien aufbaute, Rechtsgelehrte aus Bologna an seinen Hof. Diese Gelehrten waren ausgebildet in Rhetorik und in der Literatur, ein Umstand, dem der Hof Friedrichs die Entstehung der ersten Kunstlyrik in italienischer Sprache, die aristokratische Liebeslyrik der sogenannten Scuola Siciliana (Sizilianische Dichterschule), verdankt.

Mit der gelehrten ging auch eine kaufmännische Entwicklung Bolognas einher. Oftmals brachten die meist adeligen Studenten ein großes Gefolge mit - und die Stadt richtete sich auf ihre Bedürfnisse ein. So führte die wachsende Nachfrage nach Wohnraum nicht nur zu einem Aufschwung im Bauwesen, sondern auch zur Festlegung gesetzlicher Baunormen. Handel und Handwerk insgesamt florierten, nicht zuletzt die Herstellung von Büchern und Miniaturen, aber auch von Seidenstoffen nahm zu - ebenso wie die Anzahl der Gaststätten... Feste und andere Veranstaltungen bereicherten das öffentliche Leben.

Doch war die rechtliche Autonomie der Universität der Stadtverwaltung auch stets ein Dorn im Auge. Deshalb wurde im 16. Jh. das Archiginnasio erbaut, mit der offiziellen Begründung, alle Fakultäten zentral zusammenzulegen. Die eigentliche Absicht jedoch bestand darin, den kommunalen und religiösen Autoritäten bessere Kontroll- und Einflußmöglichkeiten zu sichern. Typisch für das merkantile Bologna war, daß sich die geschäftstüchtigen Bürger der Stadt auch diesen Bau zunutze machten: Die oberen Stockwerke dienten zwar der Wissenschaft, unten jedoch entstanden viele kleine Verkaufsläden und gastronomische Betriebe.

Heidemarie Stücher Manzalini und Pier Giorgio Oliveti. In: Emilia Romagna, DuMont Reise-Taschenbücher, Köln, DuMont, 1994

Heidemarie Stücher Manzalini wurde in Siegen geboren, studierte Germanistik, Literaturwissenschaft und Romanistik in ihrer Heimatstadt; sie arbeitete als Lektorin an der Universität Bologna und als freie Autorin.