Thema: Blicke auf Deutschland Logo DAAD Logo Unito Facoltà Lingue, Lettere, Economia
Logo Blicke auf Deutschland
Startseite Programm Workshops Tagungsort Unterbringung Rahmenprogramm

Besichtigung des Filmmuseums


Eintauchen
Filmmuseum
Stadtführung Museen und Kultur


Lektoren-Jahrestagung - Turin 20.-23.Sept. 2007




Ein "vertikales" Museum für Kinematographie

Ein Museum für Kinematographie in der Mole Antonelliana – ein Museum, in dem dargestellt werden soll, wie Filme entstehen, mit welcher Technologie sie aufgenommen, zusammengeschnitten und projiziert werden, welches die Meilensteine in der Geschichte der sogenannte siebten Kunst waren, und das in einem Gebäude, das auf einer relativ kleinen Grundfläche in die luftige Höhe von 167,5 m emporschießt und zu 50% aus einer enormen, 50 m hohen Kuppelhalle besteht.  Wie soll das möglich sein?

Und doch ist es dem Schweizer Architekten François Confino gelungen, diese Herausforderung auf geniale Weise zu lösen und den Museumsbetrieb für eine Kunstform, deren räumliche Dimension ja eigentlich in der horizontalen Distanz zwischen Projektor und Leinwand besteht, in die Vertikale zu verlegen, womit die Mole Antonelliana sich heute das höchste Museum der Welt nennen darf.

Baugeschichte der Mole Antonelliana

Dabei ist die Entstehungsgeschichte des einst als Synagoge begonnenen Gebäudes so kurios wie das Museum selbst. Den Bauauftrag erhielt Alessandro Antonelli, von dem es dann später auch seinen Namen erhielt und der noch für weitere architektonische Kuriositäten in Turin und Umgebung bekannt ist, 1862 von der israelitischen Gemeinde Turins. Die jüdischen Mitbürger der Stadt waren gerade einige Jahrzehnte zuvor mit dem Albertinischen Statut aus dem engen Ghetto entlassen worden und beabsichtigten nun, in der neuen italienischen Hauptstadt ein repräsentatives Gotteshaus errichten zu lassen. Dementsprechend großzügig war das Bauvorhaben ausgelegt, ohne aber übermäßig in die Höhe gehen zu wollen, denn die hochgestellte Kuppel und die turmartige Spitze (Fiale) obendrauf sind erst das Ergebnis der wechselhaften Baugeschichte, die über ein Vietel Jahrhundert dauerte.

Einige Zeit nach Baubeginn kamen nämlich bei den Statikern der städtischen Bauaufsichtsbehörde Zweifel an der Stabilität der ursprünglich flach geplanten Kuppelkonstruktion auf, woraufhin die schon ziemlich weit fortgeschrittenen Bauarbeiten unterbrochen wurden. Es folgten anhaltende Polemiken, revidierte Entwürfe, Wiederaufnahme der Bauarbeiten, erneute Baustopps und so fort. Schließlich verlor die israelitische Gemeinde das Interesse am Bauvorhaben und ließ sich an anderer Stelle eine kleiner dimensionierte Synagoge errichten, auch weil Turin zwischenzeitlich seinen Hauptstadttitel abgeben musste.

1878 legte Antonelli, der sich inzwischen durch andere Projekte einen Namen gemacht hatte, einen neuen Entwurf für eine nun hochgestellte grandiose Kuppel vor und die Arbeiten konnten fortgesetzt werden, nachdem die Stadt das Objekt übernommen und die Finanzierung sicher gestellt hatte. Die enorme Fiale auf dem kleinen „Tempel“ auf der Kuppelspitze ist dann schließlich - so erzählt man -  noch auf Zureden einiger Studenten Antonellis entstanden, der es seinen Schülern und Widersachern auf seinen alten Tagen noch mal richtig zeigen wollte.

Als die Turiner „Mole“ – welchen Namen hätte man ihr sonst geben sollen – 1889  endlich und etwa zeitgleich mit dem Pariser Eifelturm fertig wurde, hatte Turin zwar ein neues Wahrzeichen und den höchsten Backsteinbau der Welt, aber auch ein ziemlich seltsames Gebäude, mit dem die Stadt nichts Rechtes anzufangen wusste. Lange Zeit war dann hier das Museum für das italiensche Risorgimento untergebracht, aber durch das ungünstige Verhältnis von Nutzfläche und Kuppelhöhe war auch diese Lösung irgendwann unbefriedigend. Außerdem konnten auch die Zweifel an der Gebäudestatik nie nachhaltig ausgeräumt werden, weswegen man ihr dann in den 30er Jahren im Inneren ein Stahlbetonkorsett anlegte, was wiederum die Ästhetik im Kuppelinnern ruinierte. Tatsache ist aber auch, dass ein heftiger Wirbelsturm im Sommer 1953 die Turmspitze herunterwarf und sie fein säuberlich neben die Mole setzte, wobei aber glücklicherweise niemand zu Schaden kam. Sie wurde daraufhin als Stahlkonstruktion wieder aufgebaut.

Das Filmmuseum in der Mole

1945 bekam die Historikerin Anna Maria Prolo für ihre während des Krieges begonnene Sammlung von alten Filmen, Standfotos, Plakaten, Kulissen und anderen Kimären des Kinos einige Nebenräume zur Verfügung gestellt, die aber bald auch wieder zu eng wurden. Wechselnde Nutzung, Wanderausstellungen, lange Perioden, in denen das Gebäude leer stand oder umgebaut wurde, bis man sich in den 90er Jahren endlich entschloss, hier das inzwischen zur Stiftung gewordene Museo Nazionale del Cinema unterzubringen. Das setzte allerdings eine Radikalkur voraus.

Diese Aufgabe hat Francios Confino meisterhaft gelöst. Die Kuppel wurde statisch so gesichert, dass zumindest aus ihrem Innern das verunstaltende Stahlbetongerippe wieder herausgerissen werden und sie wieder in ihrem alten Glanz erscheinen konnte. Um Ausstellungsfläche zu gewinnen, wurde eine frei schwebende Spiralrampe eingebaut, die nicht nur die atemberaubende Größe der Kuppelhalle erlebbar macht, sondern das Gebäude auch funktional weiter erschließt. Seit Eröffnung des Museums im Juli 2000 stehen auf fünf Ebenen 3.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung.

Rundgang durch das Museum

Nachdem man vom Untergeschoss aus, wo sich der Zugang, der Museumsshop und die CIAK-Bar befinden, sowie auch der gläserne Aufzug hält, der die Besucher nur an Führungsseilen hängend durch die Kuppelhalle schwebend auf die Aussichtsplattform bringt, in die erste Zwischenetage gelang ist, beginnt eine didaktisierte Entdeckungsreise durch die Vor- und Frühgeschichte des Kinos: den Camera-obscura-Effekt kann man selbst ausprobieren, man kann Schattentheater spielen, optische Spieleffekte entdecken, in Guckkästen und Stereoskope wundersame Dinge sehen und schließlich zuschauen, wie mit der Laterna Magica, sowie der Fotografie und Cronofotografie die Grundlagen der Kinotographie gelegt wurden und die Bilder schließlich laufen lernten. Fehlen darf natürlich auch nicht mitzuerleben, welchen Eindruck die ersten Filmvorführungen der Brüder Lumière auf ihre Zeitgenossen gemacht haben müssen.

Auf einer weiteren Ebene wird Einblick in die Technologien, Apparaturen und Techniken der Filmproduktion und -vorführung gegeben: Den Spezialeffekten, der Funktionsweise der Filmkamera, dem Aufnahmeset, der Kameraführung, der Tonaufnahme und der Beleuchtung, den Aufgaben von Produzent, Regisseur und Schauspielern, aber auch dem Drehbuch, dem Storyboard und den Kostümen und Studioaufbauten werden eigene Ausstellungsstationen gewidmet.

Schließlich gelangt man in die „Aula del Tempio“, d.h. in jenen Gebäudebereich unter der großen Kuppel, der in der ursprünglich geplanten Synagoge Gebetssaal hätte werden sollen, heute aber als wahrer Tempel der siebten Kunst bezeichnet werden kann. Über allem thront der riesige Götze Moloch aus dem Film „Cabiria“, der 1914 hier in Turin gedreht wurde, als die italienische Filmproduktion hauptsächlich noch in der Stadt ansässig war.

Rund um die große Tempelhalle unter der enormen Kuppel befinden sich zehn „Kappellen“, in denen sich das Kino in typischen Szenen selbst zelebriert und seine Genres darstellt. Die Kapellen tragen die Namen: Trickfilm, absurder Film, Spiegelungen, Original und Reproduktion, experimenteller Film, Liebe und Tod, Explosionen, Kolossalfilm, Cabiria, und eine letzte Kapelle ist der Stadt Turin als Drehort, Handlungsort und ehemaliger Standort wichtiger Filmstudios gewidmet.

Auf der Spiralrampe sind gewöhnlich Plakate oder andere Materialien aus der Sammlung Prolo, oder andere Wechselausstellungen zu sehen, während auf den beiden Leinwänden abwechselnd charakteristische Ausschnitte aus einer Unzahl von alten und neueren Filmklassikern zu sehen sind, sowie zumeist historischer Filmstreifen, die sich mit Italien und Turin als Filmsujet beschäftigen.

Links:

Museo Nazionale del Cinema   (it.)






Filmmuseum Mole Antonelliana
Film- und Kinomuseum in der Mole Antonelliana. Im Vordergrund rechts das Kino Massimo mit den  drei Vorführsälen des Museums.







Kuppel der Mole Antonelliana von innen
Innenansicht der 50 m hohen Kuppelhalle mit dem gläsernen Lift.









Als die Bilder laufen lernten
"Als die Bilder laufen lernten" Das Museum gibt einen Einblick in die technologische Entwicklung des Kinos.







Filmvorführungen in der Kuppelhalle
"Liegestühle" für die Filmvorführungen in der großen Kuppelhalle.








Thematische Kapelle "Liebe und Tod"
Die verschiedenen Filmgeneres sind in thematischen Kapellen rund um den zentralen Kuppelsaal repräsentiert. Hier das "Séparée" für das Sujet "Liebe und Tod".

Mail to info.daad-lektorentagung2007@unito.it



StartseiteProgramm  |  Workshops  |  Tagungsort  |   Unterbringung   |   Rahmenprogramm